ARTISTS 2017
DJ Agathe Bauer - Julius Deutschbauer - Julia Frank - Thomas Herzig - David Jagerhofer - Krach & Halbnarr (Vinzenz Schwab, Andreas Stoiber) - Sepp Kusstatscher - Hanspeter Mayr - Film: Bauer Unser (Robert Schabus) - Kathrin Schreier - Muriel Senoner - Andreas Trobollowitsch - Marianne Vlaschits - Ursula Winterauer & Benjamin Tomasi - & more
ABFALL – EINÖDE – BRACHLAND
Wir sind der Meinung, dass wir neue Kartographien brauchen: statt nach Gewinn und Nutzen katalogisierte land(wirt)schaftliche Zonen der Monokulturen und der Überdüngung suchen wir nach den brachliegenden Flächen, dem Verdrängten, der Ödnis. In urbanen Gebieten sind es die vom Menschen verlassenen Industriegelände, die Vorstädte, die Ränder von Zentren – das Land aber ist ein Rand selber. Hart wie Stein, gierig wie der tollwütige Fuchs, magisch ein sich ewig wandelndes Bild.
Bedroht von und konfrontiert mit menschlicher Abwanderung und Entsiedelung sowie von kulturentgleisenden Kahlschlägen à la volkstümliche Schlagerparty im Vereinshaus XY. Vom Zentrum als intellektuell unproduktiv und zurückgeblieben belächelt. Dabei längst schon durch (Werbe)Bilder und Sprache überschrieben und verkauft.
Diese gezähmten Gebiete brauchen eine diskursive und künstlerische Entrümpelung. Dem touristischen und gesellschaftlichen Ver-wertungszwang aller Ressourcen – Landschaft, Wetter, Mensch – müssen alternative Modelle entgegengesetzt werden. Schenk- und Tauschökonomien, Beschäftigung statt Arbeit, Grundeinkommen, Permakultur, Recycling. Der Misthaufen wird zum Symbol einer Brutstätte für neue Wuchskraft.
PROGRAMM:
SAMSTAG 20.05., AB 18 UHR, HOTEL AMAZONAS
Architekt, Erfinder und Autor Thomas Herzig macht uns mit seinen luftigen, von der Natur inspirierten, architektonischen Konstruktionen bekannt, die bezüglich technischen Eigenschaften wie Stabilität, Gewicht oder auch Kosten ihresgleichen suchen.
Neben seinen Entwürfen im Spannungsfeld der pneumatischen Architektur entwirft Herzig für verschiedene europäische Produzenten Interieur-Designs. Dabei zählen neben seinen architektonischen Verwirklichungen wie etwa der Gestaltung des Life Ball in Wien 2008, die Eingangsüberdachung der Ausstellung Fluxus50 in Wiesbaden 2012, auch regelmäßig Neu-, Aus-, Zu- und Umbauten für private AuftraggeberInnen.
pneumocell.com
Krach & Halbnarr schaufeln assoziationsarme Klangmassen zu unkartographierten Schallgebirgen auf. An ihren Reglern hangelnd flüchten sie vor der omnipräsenten Verwertungs-Gesellschaft in karge Schluchten. Gerade noch rechtzeitig vor drohend grollendem Geröll - oder ist es bloß widerhallender Regenschauer? Krach & Halbnarr sind Vinzenz Schwab und Andreas Stoiber.
Ursula Winterauer und Benjamin Tomasi produzieren für ABFALL – EINÖDE – BRACHLAND ein Konzert und Screening, die sich mit einem alten, verfallenem ex-sowjetischen Restaurant in einem Außenbezirk von Jerewan, Armenien, auseinandersetzen. Dieses Restaurant, ehemals gebaut für Parteifunktionäre und der Elite Armeniens, Kulisse für diverse Filme, ist heute eine Ruine. Eine Ruine, die auf einem Hügel thront, von welchem aus man ganz Jerewan überblicken kann. Das Areal wurde von einem Geschäftsmann gekauft. Dieses Areal mitsamt seinem wunderbaren Ausblick und dem Potential eines öffentlichen Ortes, soll einer Shopping- und Unterhaltungsindustrie weichen. Der Hügel wird sukzessive abgetragen, verflacht und einem jetzt schon bestehenden Konglomerat aus Zweckarchitekturen einverleibt.
Neben ihrer Tätigkeit als Filmrestauratorin verarbeitet Kathrin Schreier Naturmaterialien mit Techniken wie Eco Printing und Filzen. Dabei ist das Bewusstsein für Prozesse durch die Zeit, die in der Natur wie in der Kultur geschehen, stets präsent. Sie beschäftigt sich mit der Suche nach einer neuen, digitalen Materialität und dem Verlangen des Menschen, Natur durch Bindung zu erhalten. Kathrin Schreier wird im Hotel Amazonas neue Eco-Prints mit vorgefundenen Materialien anfertigen.
Für HOTEL AMAZONAS - WASTELAND wird Julia Frank eine Fotoarbeit direkt auf dem Gelände des Aspmayr-Hofes in Unterwangen, Ritten kreieren. Ziel wird es sein, ein Produkt aus der Serie „The body is our general medium for having a world, 2015“ herauszunehmen und in direkten Kontrast mit der Unbeflecktheit des Hofes und seiner Umgebung zu formen und fotografisch festzuhalten. Die daraus resultierende Bildnarration wird zum Inhalt einer im Außenbereich positionierten Werbefläche, die die Betrachter visuell auf die Fragilität der Umwelt und unsere Verantwortung ihr gegenüber hinweisen soll.
Eine über einen bedeutenden Zeitraum entstandene Reflexion über skulpturales Schaffen, Gender und Hinterlassenschaft. Hanspeter Mayrs Arbeit wird strikt in der Werkstoffkombination Holz/Eisen mit dem Spannungsfeld Zeit, Veränderung/Vergänglichkeit, ausgehalten.
DJ Agathe Bauer (Wien) changiert ungeniert zwischen Chanson und Disco, Lamourhatscher und Trash, Popperle und Gitarrengeschrammel – mit dem Tanz als oberstem Ziel.
PROGRAMM:
SONNTAG 21.05., AB 16 UHR, HOTEL AMAZONAS
DIE SCHENKÖKONOMIE / Lesung mit Thomas Herzig
Thomas Herzig beschäftigt sich seit geraumer Zeit mit der Ökonomie des Schenkens. Hierfür wird er im Hotel Amazonas aus seinem neuesten Werk vortragen und uns kapitalorientierten SüdtirolerInnen einen neuen, zukunftsorientierten Zugang zu Besitz, Arbeit und Verdienst erläutern.
Achtung!
TRIGGER WARNUNG an alle LeserINNEN!
Diese Geschichte beschreibt ein Paradies voller Liebe, Sicherheit und Freiheit. Dieses Paradies funktioniert wirklich.
Sie zeigt aber auch die hässlichsten Abgründe der menschlichen Seele, vor allem jene, in welche das Geld die Menschen hineintreibt.
Manche dieser Abgründe kennen wir auch aus eigener Erfahrung, vielleicht sogar von uns selbst.
Dieses Buch wird deine Gefühle nicht schonen und keine Rücksicht auf deine bisherigen Einstellungen nehmen.
Es konfrontiert dich mit einem greifbaren Modell für eine bessere Welt, aber auch mit Skrupellosigkeit, Intrige, und brutalster Gewalt.
Die Sprache ist überwiegend nicht gegendert. Die Dialoge und Gedanken sind wie im realen Leben oft nicht politisch korrekt.
Wenn du Angst bekommen solltest, dass der Inhalt dieses Buches deine Gefühle verletzen könnte, dann lege das Buch lieber weg, und ziehe dich in deinen Safe Space zurück.
Die „soziale Grundsicherung“ (minimo sociale – social contributions) ist eine Unterstützung des Staates nur für die Bedürftigsten, während das „Grundeinkommen“ (reddito di base – basic income) als Zuwendung des Staates an all seine Bürger konzipiert ist, und zwar eine Zuwendung in ausreichender Höhe, damit alle in Würde leben und arbeiten können.
Bei seinem Vortrag wird Sepp Kusstatscher darauf eingehen, wie es zu dieser auf dem ersten Blick verrückten Idee gekommen ist, ob ein Grundeinkommen für alle finanzierbar ist und wie sich dadurch die Gesellschaft verändern würde.
Nähere Informationen unter: grundeinkommen.de
„Bauer Unser“ zeigt gleichermaßen ungeschönt wie unaufgeregt, wie es auf Bauernhöfen zugeht. Regisseur Robert Schabus bleibt in seiner Doku vordergründig unparteiisch. Doch so vielfältig die Bauern, vom Biobauern bis zum konventionellen Agraringenieur, so einhellig der Tenor: So kann und wird es nicht weitergehen. Das Mantra der Industrie – schneller, billiger, mehr – stellen die meisten von ihnen in Frage. „Bauer Unser“ ist ein sehenswerter und spannender Film, in dem deutlich wird, wie Wirtschaftspolitik und Gesellschaft immer öfter vor der Industrie kapitulieren. Weit entfernt von rosigen Bildern einer ländlichen Idylle gibt es dennoch Momente der Hoffnung.
Beginn: 19.45 Uhr
Die Sonne verausgabt sich, indem sie exzessiv ihre Energie verschwendet. Die Steine verausgaben sich, indem sie ihre Flächen zum Aufheizen anbieten. Der Wind fährt mit Druck darüber hinweg und zieht Furchen durchs hohe Gras. Die hohen Töne der Grillen senken sich nachts in unsere Seelen.
Handlung ist Verausgabung, und ein Grundprinzip des menschlichen Lebens, so Bataille. Dem Schrumpfen von ländlichen Gebieten bieten wir die Stirn mit den Schaufeln, Gabeln und Rechen der Kunst. Sie baut uns Stützen, auf denen wir Neues bauen können, fragil, aber präsent.
Dort, wo vieles noch im Übermaß da ist (Platz, Luft, Elemente), aber einiges fehlt (Nähe, Konfrontation, Kulturdiskurse, Zulassung des Paradoxen), führt die schöpferische Sensibilität auf ungewohnte Pfade, und die Generosität der KünstlerInnen bricht Krusten auf. Soziale Vernetzung und künstlerische Interventionen setzen frische Energien frei - nach dem diesjährigen Motto: Lasset uns verschwenden!
PROGRAMM:
SAMSTAG 17.06, AB 18 UHR, HOTEL AMAZONAS
Julius Deutschbauer
Darling, ich habe schon wieder mindestens 100 Korane geschrumpft
Ausgehend von Jonathan Swifts Bericht über die Schlacht zwischen den alten und modernen Büchern treten während der Performance mindestens fünf Bücher gegeneinander an: Koran VERSUS Robert Musil, Der Mann ohne Eigenschaften VERSUS Diane Dukret, Die Frauen der Diktatoren VERSUS Adolf Hitler, Mein Kampf. Des weiteren sind noch ein kleine Plastikwanne, ein Wasserkübel, eine Schöpfkelle an der Performance beteiligt.
Dauer: ca. 15 Minuten
Prost Mahlzeit
Buchstäblich bis zur Verausgabung trinkt sich Julius Deutschbauer durch Lektüren wie James Joyce, Ulysses; Jonathan Swift, Ein bescheidener Vorschlag, wie man verhindern kann, daß Kinder der Armen ihren Eltern oder dem Lande zur Last fallen und Ror Wolf, Tranchiers letzte Gedanken über die Vermehrung der Lust und des Schreckens.
Dauer: ca. 20 Minuten
Das Bewusstsein des Verschwenders durch ein Studium der Ökonomie ist das der Verausgabung. Die Crux dabei ist, dass trotz allen Optimierens, Effizienzsteigerns und Rationalisierens das Gefühl der Verausgabung nicht verschwindet, im Gegenteil, die Grenze des Zuviels wird nur enger. Da kommt der unheilkundige Pillendreher gerade recht oder schlecht: er wiegt, reibt und mischt, schüttelt, misst und rührt, stopft, kapselt und verdreht, achtet dabei nie auf die Dosis, verabreicht jedem eine Pille, Pillen und eine halbe Pille, damit die Rechnungen, die nie aufgehen, endlich wieder stimmen.
Andreas Trobollowitsch (Wien) ist Komponist, Performer und Sound- und Installationskünstler. Er arbeitet vor allem im Bereich der elektroakustischen Komposition und Improvisation, und hat für Tanz, Theater, Film und Radio komponiert. Auf der Basis von Drehung, Vibration und Feedbacksystemen verwendet er häufig modifizierte Alltagsobjekte, präparierte Ventilatoren und Saiteninstrumente. In letzter Zeit konzentriert er sich vor allem auf konzeptuelle Kompositionen, selbstentwickelte Musikinstrumente sowie Installationen mit Sound und Zeichnungen. Ihn interessieren die Dichotomie des Intellektuellen und des Physischen; er inkludiert visuelle Aspekte, Räumlichkeit, Bewegung und die Art, wie diese mit Ton in Beziehung stehen.
Muriel Senoners Beitrag für VERAUSGABUNG ist ein Versuch der Annäherung an Batailles These der hemmungslosen, unproduktiven Verausgabung/Verschwendung/Freigebigkeit, abseits vom profanen Alltagsleben. Dabei ergeben sich unter anderem Fragen zu gegenwärtigen, paradoxen Formen der Verausgabung und ihrer Relation zu Batailles Behauptungen. Könnte dem Selbstzerstörungsdrang der Menschheit ein Mangel an unproduktiver Verausgabung innewohnen? (Oder stellt er eine natürliche Fortsetzung des durch B. beschriebenen Erfolgs der größten Verschwendung, der Kreuzigung dar?)
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